Schwarze Adler
Schwarze Adler
Deutschland, 2021
Regie: Torsten Körner
Genre: Dokumentation
Um es gleich vorweg zu sagen: Ich habe normalerweise keine Hemmungen Rezensionen zu schreiben. In diesem Fall ist das anders. Steht es mir als weißer, in Deutschland aufgewachsener Frau, die nie Diskriminierung aufgrund von Aussehen oder Herkunft erfahren hat, zu über einen solchen Film zu urteilen?
Der Journalist und Filmemacher Torsten Körner sagt: "Ich habe in meinem ganzen Berufsleben noch nie gefragt, ob ich diese oder jene Geschichte erzählen darf, weil ich der Mensch bin, der ich bin." Daher schreibe ich dann doch.
Auch Torsten Körner, Jahrgang 1965, ist ein weißer Mann, der vermutlich nie Diskriminierung erfahren musste und deshalb redet nicht er über Rassismus, sondern hört zu. Hört einfach nur zu und lässt die erzählen, die es erlebt haben.
Das Erschreckende vorab; Es hat sich etwas aber nicht viel, zumindest nicht genug verändert in den letzten 60 Jahren. Ja, heute sind schwarze Fußballer keine Ausnahme mehr wie noch zu Zeiten von Guy Acolatse,dem ersten schwarzen Fußballer in der Bundesliga und Erwin Kostedde, dem ersten schwarzen Spieler in der Nationalmannschaft.
Jean-Manuel Mbom, 2000 in Göttingen geboren, findet, dass sich schon viel verändert hat. Er mag damit sicher recht haben, dennoch sind immer noch Affenlaute und rassistische Sprechchöre zu hören.
Für viele der 14 Spielerinnen und Spieler, die in Körners Film zu Wort kommen, war der Fußball nicht nur Rassismus, sondern auch Rettung. Steffi Jones, die ihre Mutter als Kind fragte, ob ihre Haut heller würde, wenn sie sich nur genug genug waschen würde, erzählt wie sie durch den Fußball an Selbstbewusstsein gewonnen habe.
Jimmy Hartwig, Kind eines schwarzen Vaters und gleichzeitig Enkel eines strammen Nationalsozialisten berichtet von der Antwort seines ehemaligen Trainers Kurt Schreiner auf die Frage eines Spielervaters, warum denn "der Schwarze" in der Mannschaft spiele und nicht sein Sohn. "Weil er gut ist, besser als Ihr Sohn. " war Schreiners Antwort. Plötzlich, sagt Hartwig, habe er die Unterstützung gefühlt. Da stand einer hinter ihm und nahm ihn in Schutz.
Körner lässt Spielerinnen und Spieler von ihren Erfahrungen berichten, unterbrochen nur von Archivaufnahmen, bei denen einem die Haare zu Berge stehen. Da fragt ein Moderator einer Sportsendung Anthony Baffoe im Interview allen Ernstes "Sie sehen ein bisschen dunkler aus als andere Leute, das liegt sicher nicht an dem schönen Wetter hier. Wieso sind Sie dann gerade hier in Bonn geboren worden?" Und als Einleitung zu einem Gespräch mit einer schwarzen Fußballerin erklingt Vico Torrianis "Schön und kaffeebraun sind alle Frau'n in Kingston Town". Die Moderatoren scheinen nicht einmal zu bemerken wie unangenehm das für ihre GesprächspartnerInnen ist.
14 ganz unterschiedliche Charaktere kommen hier zu Wort und berichten von ihren ureigensten Erfahrungen. Natürlich muss man schmunzeln über Jimmy Hartwigs gewohnt launige Art zu erzählen und man möchte mitweinen, wenn Shari Reeves unter Tränen sagt: "Ich liebe dieses Land, aber manchmal denke ich..." Dann bricht sie ab und kann nicht weitersprechen.
Torsten Körner ist hier ein ganz wunderbarer Film gelungen, der mir mehr als deutlich vor Augen geführt hat: Ich bin keineswegs frei von Rassismus. Es bringt nichts, andere des Rassismus anzuklagen, aber es hilft, vor der eigenen Tür zu kehren, sein Tun und Lassen und Denken zu reflektieren und die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen.